Roman oder Drehbuch – oder lieber beides?

Christine Drews über ihre Arbeit als (Drehbuch-) Autorin. Am 4. Juni auf der LitBlog Convention in Köln könnt ihr sie beim Autoren-Speed-Dating persönlich kennen lernen.

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Nach Drehschluss wird’s grundsätzlich gesellig. Und beim Roman? Fährt man am Ende alleine den Computer runter.

Bevor ich 2013 meinen ersten Roman „Schattenfreundin“ bei Bastei Lübbe veröffentlicht habe, habe ich jahrelang als Autorin fürs Fernsehen gearbeitet. Damals dachte ich, dass es nichts Schöneres gibt, als Romane zu schreiben und dass ich nie wieder etwas anderes tun möchte. Das denke ich zwar immer noch, trotzdem schreibe ich heute auch wieder Drehbücher – und das aus guten Gründen.

Jeder, der schon mal ein Drehbuch geschrieben hat, weiß, dass er dabei innerhalb eines gewissen Korsetts arbeiten muss. Während ich in einem Roman meine Figuren theoretisch jederzeit zum Mond und wieder zurück fliegen lassen könnte, geht das im Drehbuch nicht. Produktionsbedingungen müssen berücksichtigt werden, Drehkosten, Motive und Requisite – die Kollegen aus den Bereichen drehen einem den Hals um, wenn man zu sehr über die Stränge schlägt. Schon bei Tieren und kleinen Kindern schlagen alle die Hände über dem Kopf zusammen, weil der Aufwand sich sofort verdoppelt (Drehgenehmigung! Tiertrainer!). Und wer für fortlaufende Serien arbeitet, muss zusätzlich noch die horizontalen Erzählstränge im Auge behalten. Denn wenn sich in Folge fünf die Krankenschwester in den Chefarzt verliebt, darf ich das in meiner Folge acht ja nicht einfach unter den Tisch fallen lassen. Ein Drehbuchschreiber kann also nie völlig frei schalten und walten.

Es wäre sicherlich übertrieben, wenn ich nun behaupten würde, dass es wie eine Befreiung war, endlich einen Roman zu schreiben – aber ein bisschen war es schon so. Jetzt machten die Figuren, was ich wollte – und nicht, was der Regisseur sich dabei dachte. Jetzt sprachen sie die Sprache, wie ich sie mir vorgestellt hatte – und nicht, wie der Schauspieler sie interpretiert hat. Jetzt schneite und regnete es, wann ich es für richtig hielt – und nicht, wie es am Drehtag gerade zufällig vom Himmel kam. Das ist toll. Das macht wirklich Spaß und ist großartig. Ein Abtauchen in eine andere Welt, die man nach eigenem Belieben gestalten kann. Sensationell! Aber…

…sehr viel einsamer geht es nicht.

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Der neue Krimi von Christine Drews

Denn einen Roman zu schreiben bedeutet auch, für ein paar Monate einsam und alleine am Schreibtisch zu sitzen. Kein gemeinsames Autorenplotten, keine Regiebesprechungen, keine Setbesichtigungen, nichts. Die hochgeschätzte Lektorin meldet sich innerhalb dieser Schreibphase zwar regelmäßig, aber ein halbstündiges Telefonat alle zwei Wochen ist dann auch der einzige berufliche Außenkontakt. Diese Monate des einsamen Schreibens sind zwar sehr produktiv, aber jeder, der vorhat, einen Roman zu schreiben, sollte sich darüber im Klaren sein, dass das keine gesellige Angelegenheit ist. Es ist eher das Gegenteil davon.

Ich werde oft gefragt, was ich jemandem raten würde, der gerne einen Roman schreiben möchte. Als erstes sage ich dann immer: mach noch was anderes. Es müssen ja nicht Drehbücher sein, vielleicht ist es möglich, den ursprünglichen Job zu behalten und nebenbei zu schreiben. Das ist am Anfang auch aus finanziellen Gründen ratsam, außerdem steigt man nicht völlig aus dem sozialen Miteinander aus, in dem sich alle anderen Arbeitnehmer befinden. Sonst erwischt man sich nämlich irgendwann dabei, wie man nachmittags um fünf noch im Schlafanzug am Schreibtisch sitzt und sich fragt, welche Jahreszeit gerade ist, während man die dritte Vollmilchnuss aufreißt.

Das will man nicht.

Christine Drews

Christine Drews hat diverse Drehbücher für Movies, Familien- und Comedyserien geschrieben. Aktuell schreibt sie für die ZDF-Serien »Bettys Diagnose« und »Soko Köln«. 2013 erschien bei Bastei Lübbe ihr erster Roman »Schattenfreundin«. Es folgten »Phönixkinder«, »Tod nach Schulschluss«, »Killerjagd« und »Denn mir entkommst du nicht«.